Gemeinsame Pressemitteilung mit der Stadt Pirmasens
„Infektionsschutz – aber kein Betreten der Wohnung“
Wir wollen ausdrücklich nicht in Privatwohnungen oder Grundrechte aushebeln, die verfassungsrechtlich aus gutem Grund geschützt sind. Aber wir bitten im Sinne des Bevölkerungsschutzes das Land um Überprüfung der aktuell geltenden Rechtsverordnung.
„Das Land lässt die Unvernünftigen gewähren, verlangt aber von den Vernünftigen Opfer“, kritisieren die Verwaltungschefs des Landkreises Südwestpfalz und der Stadt Pirmasens. Die aktuelle Landesverordnung lasse private Feierlichkeiten weiterhin zu, gleichzeitig seien aber Einrichtungen mit durchdachten Hygienekonzepten zu Wochenbeginn geschlossen worden, um mögliche Infektionen zu vermeiden. Dies sei der Bevölkerung schlichtweg nicht zu vermitteln. „Durch die bestehende Lücke und fehlende Sanktionsmöglichkeiten wie Bußgelder wird der gewünschte Erfolg der Kontaktbeschränkungen leichtfertig aufs Spiel gesetzt“, so die beiden Politiker weiter. Dabei seien gerade private Feierlichkeiten in der Region erwiesenermaßen eine Hauptursache der dramatisch steigenden Zahl der Infektionen.
Dr. Ganster und Zwick geht es bei diesem Vorstoß ausdrücklich nicht
Ø um das Betreten oder gar die Durchsuchung von Wohnungen
Ø um das regelhafte Kontrollieren von Wohnungen
Ø um die Förderung des Denunziantentums
Ø darum, verantwortungsbewusste Bürger zu gängeln oder ihnen zu misstrauen
Die Landrätin und der Oberbürgermeister betonen übereinstimmend, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung ein besonders hohes Rechtsgut ist, in das ausschließlich unter sehr engen Voraussetzungen eingegriffen werden darf.
Allerdings wären Vorsichtsmaßnahmen auch ohne Eingriff in dieses Recht durch das Land möglich, in dem zum Beispiel Bußgelder verhängt werden könnten, wie das in anderen Bundesländern praktiziert wird.
Hintergrund: Bund und Länder hatten sich am 28. Oktober 2020 einstimmig darauf verständigt, weitreichende Maßnahmen zu ergreifen, um zügig die Infektionsdynamik zu unterbrechen. Bürger sind ausdrücklich angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstandes auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.
Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist seit Montag, 2. November, nur mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes jedoch in jedem Falle maximal mit zehn Personen gestattet. „Dies gilt verbindlich und Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen werden entsprechend von den Ordnungsbehörden sanktioniert“, heißt es in dem Papier von Bund und Ländern.
Die Beschlüsse zwischen Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten wurden im Anschluss in entsprechenden Verordnungen der jeweiligen Länder gegossen. Allerdings enthält die aktuell gültige Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes Rheinland-Pfalz – im Gegensatz zu vielen übrigen Bundesländern – lediglich einen Appell an die Bürger, die sozialen Kontakte möglichst zu reduzieren, nicht aber eine Grundlage für die Ordnungsbehörden, insbesondere bei Feiern und Partys in Wohnungen hierauf zu reagieren.
Private Feiern in Wohnungen sind in Rheinland-Pfalz nicht ausdrücklich untersagt beziehungsweise nicht reglementiert. Lediglich Ansammlungen von Personen oder Veranstaltungen im öffentlichen Raum oder in angemieteten oder zur Verfügung gestellten Räumen ist in der novellierten Landesverordnung untersagt. Das stellt die kommunalen Ordnungsbehörden vor große Herausforderungen.
Bereits zu Wochenbeginn hatten Dr. Susanne Ganster und Markus Zwick auf diese unbefriedigende Situation hingewiesen. Auch private Feierlichkeiten waren in jüngster Vergangenheit Auslöser für größere Infektionsketten in der Südwestpfalz.
Die beiden Verwaltungschefs bitten daher das Land um Überprüfung einer verbindlichen Rechtsgrundlage, damit Ordnungsamt und Polizei überhaupt tätig werden können. Sie streben eine Regelung an, die über den Wortlaut der Landesverordnung hinausgeht. Mit dem Ziel, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, um im Einzelfall auf besonders unvernünftiges Verhalten auch im privaten Bereich einwirken zu können – gegebenenfalls mit einem Bußgeld, aber nicht durch das Betreten der Wohnung.